Man könnte uns Glückskinder nennen, so wie wir momentan leben, haben wir ganz wenig Berührungspunkte mit dem Corona-Wahn. Die meiste Zeit verbringen wir im Freien, in der Natur, die förmlich aufzuatmen scheint. Spazieren, wandern, radfahren und schwimmen stehen am Tagesprogramm. Auch das Arbeiten an liegengebliebenen Projekten und das Vergrößern des Gemüsegartens.
Verreisen ist derzeit schwierig und so begnügen wir uns mit dem Leben zu Hause und kleineren Ausflügen. Dennoch blicken wir oft in Atlanten, Karten und Reisebücher. Irgendwie kribbelt es unter den Fingernägeln.
Liebe Freunde kommen zu Besuch, im Gepäck haben sie die letzte Lieferung griechischer Bio-Orangen. Einfach köstlich! Wo werden die eigentlich angebaut? Wir studieren die Verpackung. Am Peloponnes. Sofort haben wir eine Idee: Die nächsten Orangen holen wir selber! Wir beschließen, im Spätsommer aufzubrechen. Die Coronazahlen steigen, wir legen die Fahrt nach Griechenland ad acta.
Wollten wir nicht mit dem Tretboot ans Schwarze Meer? Punkt 1: Wir haben kein Tretboot. Kein Problem für Peter, er ersteht ein günstiges und repariert es. Punkt 2: Ans Schwarze Meer schaffen wir es nicht, denn für den gesamten Balkan wird eine Reisewarnung ausgesprochen und zudem ist es schon Mitte August. Außerdem sollte man vorher ohnehin eine Probefahrt machen. Die Wachau scheint uns dafür bestens geeignet. Hurra! Das Boot ist dicht, Proviant zur Genüge vorhanden und die Stimmung an Bord könnte besser nicht sein.
Mitte September wollen wir unseren Lkw starten. Wo es hingehen soll? In den Süden. Zuerst einmal in die Südsteiermark, danach Slowenien, Italien. Je nachdem, wie sich die Pandemie entwickelt. Auf Sardinien waren wir noch nie! Nachdem dort die Coronazahlen empor schnalzen und man einen Test braucht, streichen wir die Insel wieder. Auch Slowenien lassen wir links liegen, denn unsere Freunde sind in Norditalien und wir wollen sie unbedingt treffen. Und dort fällt die endgültige Entscheidung: Wir fahren nach Griechenland!
Ein paar Tage später sind wir schon auf der Fähre von Venedig nach Patras. Seit Anfang Oktober sind wir nun am Peloponnes und überzeugt, dass Griechenland die beste Wahl war. Abgesehen davon, dass das Wetter ein Traum und das Meer herrlich zum Schwimmen ist, ist die Stimmung hier äußerst angenehm. Die Griechen sind entspannt, wir willkommen und Corona ist ganz weit weg.
Wir sind völlig überrascht, wie grün es hier ist. Dichte Wälder, Wasserfälle, klare Flüsse, fruchtbare Erde. Olivenhaine soweit das Auge reicht, dazwischen Zitrusplantagen und viele Gemüsegärten. Die Feigensaison ist vorbei, dafür gibt es reichlich Granatäpfel. Wir haben schon Schildkröten gesichtet – im Meer und am Land – Flamingos, Gottesanbeterinnen, Eisvögel, Mönchsrobben und erst kürzlich einen Goldschakal. Wildschweine gibt es hier mehr als genug, gesehen haben wir aber noch keine, nur Warnschilder und Unmengen leerer Patronenhülsen. Die Griechen sind leidenschaftliche Jäger, jeden Tag hören wir es knallen.
Peter ist fasziniert von den Fahrzeugen und Maschinen, die in allen erdenklichen Zuständen zu sehen sind. Neben den Häusern, in den Gärten integriert, auf Böschungen, in Gräben, am Strand. Schrott ist allgegenwärtig.
Was Peter noch gefällt, ist, dass man Wein kiloweise bestellt. In der Taverne bezahlt man dafür max. € 5. „Ena kilo grazi aspro“, ordert Peter gerne abends. Um Missverständnissen vorzubeugen: Aspro steht für Weiß und nicht für das Medikament, das man am nächsten Tag braucht.
In diesem Sinne: Jámas und já sas!