Großes Service auf unserem Reisewagen
Irgendwie zieht uns der Winter magisch an. Da sind wir ja keine Seltenheit, viele Menschen sind fasziniert von schneebedeckten Bergen, glitzerndem Pulverschnee, Raureif auf Bäumen und Sträuchern, zugefrorenen Seen, einer atemberaubenden Fernsicht, gemütlichen Abenden vorm offenen Kamin mit knisterndem Feuer, duftendem Glühwein und köstlichen Keksen. Einfach herrlich! Doch diese Jahreszeit hat auch andere Seiten: Nebel, Starkwind und Eisregen. Eine nasskalte Witterung, die einem bis in die Knochen geht. Genau das scheinen wir zu brauchen. Genau bei solchem Wetter arbeiten wir an unserem Reisewagen. Im Freien und auch in einer Halle, in der es einregnet, der Wind durchzieht wie in einem Vogelhaus und dabei enorme Staubfontänen aufwirbelt. Sogar Schneeflocken konnten wir einfangen.
Die Nase rinnt permanent, die Finger und Zehen sind klamm, die vielen Kleiderschichten behindern unsere Bewegungsfreiheit. Und dennoch heißt es arbeiten. Jeden Tag, egal welche Überraschungen der Wettergott für uns hat. Der Teeverbrauch schnalzt in die Höhe, auch unser Energieverbrauch. Peter verliert in diesen Wochen so nebenbei 7 kg.
Wir lieben Extreme und Kontraste. Was gibt es Schöneres, als nach dem Sprung in den kalten Bergsee, sich in die warme Sonne zu legen? Und umgekehrt, wie sehr freut man sich, nach einem heißen Tag in der Wüste auf den Sonnenuntergang und damit auf moderate Temperaturen? Keine Jause schmeckt besser, als die nach einer anstrengenden Bergtour, kein Schlaf ist tiefer als nach einer ausgiebigen Skitour. Ich denke, man braucht solche Gegenpole. Das Glück ist nicht gleichbleibend, nicht immer da. Es bedarf gewisser Schwankungen, um das Glück wieder zu spüren. Um es zu würdigen, dankbar zu sein, es fest mit beiden Händen zu halten und auszukosten, bevor es sich wieder langsam verflüchtigt.
Momentan sind wir glücklich. Glücklich, dass unser Reisewagen wieder zum Leben erwacht ist, dass er nach dem großen Service wieder mobil ist, noch dazu in einem großartigen Zustand! Die letzten Wochen bzw. Monate haben wir viel gearbeitet, Peter sowohl geistig, als auch körperlich. Meine Tätigkeiten waren eher stupid, aber nicht weniger wichtig. Ich machte die Drecksarbeit: reinigen, schleifen, streichen und konservieren – die Achsen, die Federblöcke, den Tank, die Felgen, den Rahmen, das Getriebe, die Fahrerkabine. Zudem war ich für diverse Botendienste und das Catering zuständig. Peter war der Chefmechaniker, Metalltechniker, Konstrukteur, Schweißer, Einkäufer, Koordinator und Manager. Er verpasste August einen neuen verzinkten Hilfsrahmen, behob die Rostschäden in der Fahrerkabine ….
Dazu war es notwendig, den Wohnkoffer und die Fahrerkabine zu demontieren. Sehr minimalistisch, um nicht zu sagen schrecklich, sah August aus. Oder besser formuliert, das, was von ihm übrig blieb. Ein Stapler, zwei Kräne, ein Unimog, ein Anhänger, unzählige Behelfe wie Zurrgurte, Holzblöcke, Metallplanken, Unmengen an Werkzeug und viele helfende Hände waren im Einsatz. Ein großes DANKE an euch alle!
Nachdem wir so lange gebraucht haben, werden wir den gesamten Winter in Österreich verbringen. August ist startklar, die Salzburg Super Ski-Karte liegt seit Wochen am Schreibtisch. Jetzt fahren wir in die Berge und somit auch wieder ins Salz. Auweh!! Viele werden jetzt die Hände zusammenschlagen: „Jetzt, wo ihr allen Rost beseitigt habt, könnt ihr doch nicht schon wieder auf gesalzene Straßen!“ Oh doch, das können wir und werden wir. Wozu haben wir den sonst einen Reisewagen?
Zwischen den Abfahrten auf den Pisten und den Skitouren wollen wir uns genug Zeit zum Nachdenken nehmen, wollen Pläne schmieden für das Jahr 2020 und neue Reiseziele festlegen. Momentan sind wir beide uns noch nicht einig, in welche Richtung es gehen soll …