I’m fine!

Als wir vor 14 Jahren im südlichen Afrika waren, haben uns fast alle Leute abgeraten, nach Zimbabwe zu fahren. Und so haben wir uns damals mit einem Tagesausflug nach Victoria Falls zufrieden gegeben. Umso froher sind wir nun, dieses Land etwas länger zu bereisen. Es vergeht kein Tag, an dem uns die Menschen hier nicht begeistern und verzaubern. Egal in welcher Region, wir haben nur positive Begegnungen gehabt. Auch wenn das Leben hier für die meisten alles andere als einfach ist, so sind die Leute dennoch optimistisch und verlieren nicht ihren speziellen Humor. Sie sind einfach liebenswert. 

Aber was wussten wir eigentlich vor der Einreise von Zimbabwe? Dass es einst eine britische Kolonie namens Rhodesien war und der Brotkorb von Afrika, dass es unter dem Mugabe-Regime Landenteignungen gab und Repressionen gegen die Bevölkerung. Dass die Korruption groß und die Inflation noch größer ist. Dass das Land wirtschaftlich darnieder liegt und ein Großteil der Einwohner unter der Armutsgrenze lebt, obwohl es viele Bodenschätze gibt, die Böden fruchtbar sind und das touristische Potenzial vorhanden ist. Arm in einem reichen Land, das sind die meisten der 15 Millionen Zimbabwer. Da sind zum Beispiel:

Chipo. Die junge Frau wohnt mit ihrem Mann und zwei Kindern in einer einfachen Hütte. Sie kümmert sich um ihre Kinder, das Haus, einen kleinen Gemüsegarten, dessen Überschuss verkauft wird. Ihr Gatte verkauft Parfum im ganzen Land, das Geschäft bringt nicht sehr viel Geld ein, aber besser als gar nichts.

Oder GP. Die 73-jährige Frau arbeitet alleine am Feld, sie erntet Zuckerbohnen. Ihr Mann ist zwar jünger, aber kränklich. Die Kinder sind in ganz Zimbabwe verteilt. Also muss sie die Arbeit alleine leisten. Die Ernte ist gut dieses Jahr, sie kann einen Teil verkaufen. Als nächstes möchte sie gleich Mais anpflanzen. Aber vorher braucht sie eine Pause, muss sich ein bisschen erholen.

Oder Malcom. Er arbeitet als Traktorfahrer und Mechaniker auf einer Milchfarm, hat 3 eigene Kinder und zusätzlich 2 von seinem Bruder, der verstorben ist. Er muss für alle Kinder Schulgeld bezahlen, Schulmaterialien und Uniformen kaufen. Bei seinem geringen Verdienst wird das Geld jeden Monat knapp.

Viele Menschen fragen uns um Arbeit, sie sind motiviert, wollen arbeiten, aber es gibt wenige Jobs. Wer kann, wandert aus. Wir treffen aber auch viele weiße Zims, die enteignet wurden und von einem Tag auf den anderen vor dem Nichts standen. Manche mussten mit über 60 Jahren nochmals von vorne beginnen, da ihnen die Lebensgrundlage entzogen wurde und sie auch keine Pension bekommen. Ich ziehe meinen Hut vor all diesen Menschen, bewundere ihren Mut, ihre Energie, ihr positives Denken, ihr Durchhaltevermögen, ihr Verantwortungsbewusstsein, ihre Charakterstärke. Viel kann man von ihnen lernen.

Für uns ist Zimbabwe ein Paradies, wir haben viel Kontakt zu den Einheimischen, weil wir auch meistens buschcampen. Die Menschen sind freundlich und sehr diskret. Sie winken von der Ferne, rufen „How are you?“, manche kommen näher und sagen mit einem breiten Lächeln: „I’ve just come to greet you!“. Andere fragen, ob wir etwas brauchen oder ob wir eine gute Nacht verbracht hätten. Keine Belagerungen, keine Bettelei. Ein Händedruck, ein Lächeln und ein Foto. Das ist alles.

Von der Stadt Bulawayo, die uns von Anfang an gefällt und durch ihre großen Gärten besticht, führt uns der Weg in den Matobo Nationalpark und durch eine wunderschöne Landschaft mit Granitfelsen Richtung Osten. Bei Great Zimbabwe, der ältesten Ruinenstadt im südlichen Afrika, treffen wir wieder Verena und Wolfi. Die beiden haben eine sehr ähnliche Reiseroute, folglich reisen wir gemeinsam weiter. Zusammen erkunden wir die Eastern Highlands, mit den Fahrzeugen und zu Fuß. Eine traumhafte Bergkulisse an der Grenze zu Mosambik mit fruchtbaren Tälern, Teefeldern, ausgedehnten Wäldern und kühlen, klaren Flüssen. Bananen werden das ganze Jahr über geerntet, Avocados und Macademianüsse sind gerade reif. Ebenso Kartoffel, Süßkartoffel, Maniok, Karotten, Tomaten, Zitronen und Orangen.

Weil ich gerade vom Essen schreibe, Verena und Wolfi sind richtige Gourmets, kochen gerne und viel, sind experimentierfreudig. Unsere gusseisernen Kochtöpfe sind im Dauereinsatz, Brot, Pizza und Eintöpfe zaubern wir darin. Peter entpuppt sich als brillanter Chapati-Koch (Fladenbrote). Auf den Märkten erstehen wir nicht nur frisches Obst und Gemüse, sondern auch Spezialitäten des Landes: Mopaneraupen, geröstete kleine Käfer und sogar frittierte Vögel. Es ist ein Wunder, dass wir nicht zunehmen. Vielleicht ist das Geheimnis die regelmäßige Bewegung. Jeden Morgen gehe ich mit unseren Freunden flott spazieren, erst danach gibt es Frühstück. Mit kurzen Unterbrechungen sind wir mit unseren Freunden fast 2 ½ Monate unterwegs. Es war wunderbar mit ihnen.

In Kariba verlängern wir unsere Visa zum 3. Mal wieder ohne Probleme. Was allerdings ein Problem für uns ist, ist die hohe Temperatur im Sambesital und die vielen Moskitos. Ein Albtraum! Der Winter ist nun endgültig vorbei, wir packen die Daunendecken weg. Die Trockenzeit hat jedoch einen großen Vorteil in den Nationalparks: Man sieht die Tiere besser. Im Mana Pools Nationalpark parken wir direkt am Fluss, täglich spazieren Elefanten an uns vorbei, Löwen laufen durchs Camp, Hippos grunzen im Wasser, Affenhorden ziehen plündernd herum und Antilopenherden beäugen uns scheu. Mit einem Ranger gehen wir durch den Park, kommen hautnah an Elefanten heran, beobachten aus der Nähe Büffel- und Antilopenherden, Krokodile und Warane, haben Glück, dass ein vorbeigaloppierendes Flusspferd einen anderen Weg einschlägt. Genauso fasziniert sind wir auch vom Hwange Nationalpark an der Grenze zu Botswana. Zeitlich fällt unser Besuch mit unseren Geburtstagen zusammen. Wir feiern an den Wasserlöchern mit trinkfreudigen Gratulanten: 1000e Elefanten, 100e Büffel, unzählige Antilopen, viele Löwen und unserem ersten Leoparden! Ich bin so glücklich!!

Den letzten Abend in Zimbabwe verbringen wir in Victoria Falls, einer Touristenhochburg am Sambesi. Es ist so anders als im Rest des Landes, es wimmelt von Urlaubern, es gibt viele internationale Restaurants, alles ist erhältlich, wenn auch nicht günstig. Souvenirverkäufer an jeder Straßenecke, die keine Gelegenheit verpassen, ihre Waren an den Mann zu bringen. Wir denken an unseren ersten Abend in Zimbabwe. Wir nächtigen neben einer Piste, ein Auto fährt auf uns zu. Drei Männer steigen aus, kommen näher. Wir sind gespannt. Doch die Männer lächeln. Sie freuen sich, uns zu sehen. Freuen sich, dass wieder Weiße im Land sind. „Please come back!“, flehen sie uns regelrecht an, denn als die weißen Farmer noch in Zimbabwe waren, ging es ihnen viel besser.

Eines wissen wir jetzt schon, wir werden wieder kommen. We love Zimbabwe!