Eigentlich verdanken wir einer Familie aus Düsseldorf, dass wir nach Botswana gereist sind. Philip, Sarah und ihr kleiner Sohn Sander sind unsere Nachbarn am Campingplatz in Matamata (Kgalagadi Transfrontier Park). Sie haben in diesem Nationalpark auf botswanischer Seite vier Nächte gebucht, können aber nur zwei nutzen. Ob wir anstatt ihnen vielleicht…? Klar!! Normalerweise muss man diese Camps ein Jahr im Voraus buchen. Danke nochmals, ihr Lieben!
180 km Piste sind es von Nossob nach Mabuasehube (ich habe lange gebraucht, diesen Namen korrekt aussprechen zu können), ein langer Tag, 9 ½ Stunden Fahrtzeit. Eine Salzpfanne auf der Strecke mit vielen Tieren und schließlich unser Camp mit Blick auf eine weitere Salzpfanne. Erledigt sitzen wir am Dach unseres Lkw, genießen den Sonnenuntergang und die kühlen Getränke. Und dann plötzlich Löwengebrüll. Es kommt näher. Es ist stockfinster, das Gebrüll wird immer lauter und lauter. Wir fragen uns, ob der Löwe auf uns unser Dach springen kann bzw. will. Schließlich schmeiße ich die Nerven weg, verschütte meinen Wein und bin ganz schnell im Inneren von August. Heute müssen wir über unsere Reaktion lachen…
Die erste Nacht ist bezeichnend für unseren Aufenthalt in diesem Nationalpark: Löwen, Löwen und noch mehr Löwen! Zwar sind wir nicht immer im besten Camp, aber wir hören die Tiere so laut, dass unser Herz vibriert. Am Morgen blicken wir aus dem Fenster und es liegt ein Prachtexemplar von einem schwarzbemähnten Kalaharilöwen davor. Wir schauen mit dem Fernglas ins benachbarte Camp und sehen, dass eine Löwenfamilie schnurstracks zu den Wohnmobilen marschiert und die Camper sie (noch) nicht bemerken. Es ist wirklich aufregend!
Aufregend sind aber auch die Pisten. Im nordwestlichen Teil werden sie immer enger, sind kaum befahren, erfordern höchste Konzentration. Und trotzdem passiert es: August hat einen Platten! Mitten im Löwengebiet, kurz vor Sonnenuntergang. Peter tauscht den kaputten Reifen gegen den Reservereifen, ich halte nach Großkatzen Ausschau, mache regelmäßig Lärm und auch Fotos. Wir nächtigen auf der Piste, es ist ohnehin niemand außer uns unterwegs. Abgesehen von dem Reifenschaden, wird unser Lkw von den vielen Dornen malträtiert. Kratzer ohne Ende! Die Fenster sind mittlerweile blickdicht geworden.
Schneller als erwartet sind wir in Maun, der Safari-Hauptstadt schlechthin von Botswana. Gerade rechtzeitig, um Verena und Wolfi zu treffen. Doch zuvor muss ich noch zum Zahnarzt, wie befürchtet muss ich mich einer Wurzelbehandlung unterziehen. Die Ärzte aus Zimbabwe und Botswana leisten gute Arbeit, ich bin schmerz- und nach einer Woche wieder vogelfrei. Die Versorgung in Maun ist hervorragend, wir lassen unseren Reifen flicken, Gasflaschen füllen, kaufen noch Bergegurte und Werkzeuge und zudem viele Lebensmittel und ein paar Wein- und Bierflaschen. Jetzt sind wir bereit für das Okavangodelta.
Obwohl wir uns nur vage mit Verena und Wolfi verabredet haben, treffen wir uns. Wir finden einen tollen Nächtigungsplatz direkt am Khwai-Fluss. Auf dem Weg dorthin sehen wir Zebras, Impalas, Gnus, Elefanten und Büffel! Als wir am Dach unseres Fahrzeuges sitzen und einen Sundowner genießen, hören wir Flusspferde und Löwen. Durch den Feldstecher sehen wir in der Ferne etwas glitzern, wir interpretieren es als Dach einer Behausung. Die Nacht bricht herein, es raschelt im Busch. Wir sind umzingelt von einer Elefantenherde! Wir können sie zwar nicht sehen, aber hören und riechen. Das vermeintliche glitzernde Blechdach stellt sich am nächsten Tag als Fahrzeug von Verena und Wolfi heraus! Zwei Wochen lang bleiben wir in dieser Region, einem Paradies für Tiere. Ohne Zäune, ohne Wilderei. Großkatzen hören wir nur, Flusspferde und Elefanten sehen wir viele, sehr viele. Kein Wunder, denn die Elefantenpopulation in Botswana ist enorm! Immer wieder gibt es Konflikte mit Bauern, deren Felder die Dickhäuter plündern und verwüsten.
Wir sind einfach nur begeistert von den Tieren. Beim Frühstück an einem kleinen Wasserloch horchen wir auf. Neben uns im Wald vernehmen wir ein Knacken. Zwei Elefantenbullen reißen Bäume nieder als wären es Zahnstocher. Es raschelt im Gebüsch. Eine Elefantenherde kommt zum Wasserloch, trinkt kurz und zieht weiter. Und schon kommt die nächste, mit viel Nachwuchs. Und danach erscheint eine weitere! Wir zählen mehr als 60 Elefanten! Und das alles vor dem Frühstück. Noch eine kurze Elefantengeschichte: Peter muss pinkeln, schaut sich um und entfernt sich keine 15 m von unserem Lkw. Soweit, so gut. Als er kurz darauf erleichtert aufschaut, blickt er einem Elefantenbullen in die Augen. Es ist so unglaublich! Trotz ihrer Größe und einem Gewicht von mehr als 5 t marschieren sie geräuschlos durch den Busch!
Stichwort Marschieren. Genau das wünsche ich mir sehnlichst. Seit wir in den Nationalparks unterwegs sind, leide ich unter massivem Bewegungsmangel. In den südafrikanischen Nationalparks darf man das Fahrzeug nicht verlassen, in Botswana schon, nur sollte man sich nicht sehr weit vom Lkw entfernen. Unser Radius ist sehr eingeschränkt. Meine Gymnastikeinheiten verlege ich aufs Dach vom August, eingebettet zwischen den Solarpanelen habe ich gerade genug Platz. In Maun angekommen, nutze ich jede Gelegenheit für Bewegung: Zum Einkaufen, vor dem Frühstück spazieren, Gymnastik auf der Wiese (keine Dornen!) und zu Verenas Geburtstag: Wir tanzen bis in den Morgen und verdauen dadurch die Pizza und Mopaneraupen besser.
Vor 14 Jahren haben wir in Maun Colin kennengelernt. Als wir ihn jetzt wieder treffen, kommt es uns vor als sei es gestern gewesen. Er hat sich nicht verändert und kann sich noch gut an uns erinnern. Uns verbindet die Liebe zu Oldtimern, speziell Mercedes Rundhauber. Colin ist Safariunternehmer und hat eine wunderschöne Flotte. Seit zwei Jahren hat er endlich wieder Touristen und findet trotzdem genug Zeit, uns zum Grillen einzuladen. Und das Beste ist: Colin findet genau den Ersatzteil in seinem riesigen Sammelsurium, den wir brauchen: Die Welle vom Verteilergetriebe! Er hätte sie weggeschmissen, wir bekommen sie nun gratis!! Wir durchlöchern ihn mit Fragen, besonders zu den großen Salzpfannen, die wir befahren wollen. Aber ganz gleich, wen wir auch fragen, keiner war mit schweren Lastwagen dort unterwegs. Wir entscheiden uns deshalb für die sicherste Variante, bei der wir die Salzpfannen nur streifen. Immerhin sind wir zwei Lkw und können uns gegebenenfalls helfen. Ohne Probleme erreichen wir Kubu Island, das am Rande der Sowa Pan liegt. Es sind Felshügel mit vielen Baobab- und afrikanischen Kastanienbäumen, die sich aus der endlosen Ebene erheben. Sehr bizarr, sehr skurril. Irgendwie magisch und mystisch. Ich finde den Ort faszinierend und wunderschön.
Botswana ist für uns das Land mit unglaublich schönen Buschcamps, vielen Wildtieren und sehr entspannten, diskreten und netten Menschen. Auf eine Fläche größer als Frankreich kommen nur etwa 2,2 Mio. Menschen. 100.000 wohnen in Francistown, der zweitgrößten Stadt des Landes, die unser letzter Stopp in Botswana wird. Auch hier fühlen wir uns wohl, genießen die Gastfreundschaft von Anders, einem Norweger, der hier ein Bauunternehmen besitzt. Die Stadt selbst bietet neben modernen Einkaufszentren auch bunte Märkte und Garküchen neben der Straße. Endlich sind wir in Afrika angekommen!