Mit der Ankunft auf der Lunji Kaffeefarm sind wir im Paradies gelandet. Wir parken im Garten umgeben von Blumen, Rosen, Obstbäumen, Kräutern und Blick auf den Mt. Mbeya – wenn es gerade nicht regnet. Es gibt einen Gemüsegarten, aus dem wir uns bedienen dürfen und wir haben Familienanschluss. Der Besitzer, Clemens, stammt aus Bayern, ist schon ewig in Tansania und besucht uns täglich. Sein Sohn, Paul, der in Deutschland Agrarwissenschaft studiert hat, zeigt uns die Farm. Er ist leidenschaftlicher Landwirt und Kaffeeröster, hat gute Ideen und noch besseren Kaffee.
Der Regen lässt uns früher abreisen und schon bald hat uns die Hitze wieder. An der Küste kommt die hohe Luftfeuchtigkeit dazu. Unser Lieblingsplatz vor 17 Jahren war das Sunrise Beach Resort südlich von Daressalam. Dort angekommen trauen wir unseren Augen nicht. Wir erblicken einen großen Hotelkomplex, einen schmutzigen Strand und eine verbaute Küste mit vielen Menschen. Manchmal ist es nicht klug, einen Ort ein weiteres Mal zu besuchen. Vor allem dann nicht, wenn man sehr gute Erinnerungen hat. Die Zeit bleibt nicht stehen, alles verändert sich. So ist das Leben.
Wir wagen einen erneuten Versuch: Sansibar. Wir haben Karten für das Musikfestival „Sauti za Busara“ in Stonetown. Schon die Überfahrt ist ein kleines Abenteuer, denn wir fahren mit einem kleinen Boot, das normalerweise nur Einheimische befördert. Gerne können wir mitfahren – um den doppelten Preis… Das kennen wir schon, ab der Einreise in Tansania kommen wir uns vor wie eine Melkkuh. Muzungu give! Gebt uns etwas, ihr Weißen! Verhandeln, Geschick, Ausdauer und Glück sind gefragt. Als wir an der Nordwestspitze der Insel anlanden, bleibt uns der Mund offen: Sonnenhungrige Touristen soweit das Auge reicht. Wie die Sardinen am Strand auf Liegen in knapper Badebekleidung mit Cocktails in der Hand. Ja, wie gesagt, die Zeit bleibt nicht stehen. Der Strand ist nach wie vor paradiesisch, aber wir halten den Rummel nicht aus.
Peter war noch nie ein Backpacker, im Alter wird es nicht besser. Tapfer fährt er mit diversen afrikanischen Verkehrsmitteln und steigt in abgewohnten, dafür überteuerten Unterkünften ab. Aber ich merke schon, wie sein Blutdruck steigt. Das Muskifestival im alten Fort von Stonetown gefällt uns sehr gut, auch wenn uns der Höhepunkt am letzten Tag, Mádé Kuti, enttäuscht. 3 Tage, 3 Bühnen und 25 Bands aus Afrika. Schönes Ambiente, tolle Stimmung, vielfältige Musik, lange Tage und Nächte. Ich habe eine neue Lieblingssängerin: Sibu Manai aus La Reunion. Und ein neues Lieblingslokal: Lukmaan. Gerichte aus Sansibar, eine Mischung aus arabischer, indischer und afrikanischer Küche. Wir genießen das feudale Abendmahl, beobachten das Treiben. Schauen uns in die Augen und wissen, dass wir beide dasselbe denken. Die Zeit ist reif, wir möchten die Insel verlassen.
Nach einer Woche sind wir wieder am Festland und froh, bei unserem Lkw zu sein. Auch wenn es über 40 °C im Inneren hat und im linken Hinterreifen die Luft fehlt. Samwell begrüßt uns mit breitem Grinsen, er freut sich wirklich uns wiederzusehen. „Wie ist es euch ergangen, wie ist Sansibar??“, fragt er neugierig. Wir erzählen, zeigen Fotos. Für den lieben Tansanier ist es wie eine Reise in eine andere Welt. „Und, wie geht es dir? Was war los?“, möchten wir nun wissen. „It was rather quiet, but too much hot!“, entgegnet uns Samwell mit Schweißperlen auf der Stirn.
Langsam tingeln wir nach Norden, der Küste entlang. Alles ist langsam, gemächlich. Macht auch Sinn bei diesen hohen Temperaturen. Die Stadt Tanga gefällt uns, morbider Kolonialcharme. Deutsche und englische Einflüsse, dazu eine große indische Bevölkerung. Das bedeutet auch gute Restaurants und Einkaufsmöglichkeiten.
Zwei Tage später sind wir in einer anderen Welt. Berge, Wälder und Temperaturen unter 30 °C. Wir lieben die Usambara Berge! Atmen auf, erholen uns, bewegen uns viel und sind entzückt von den zahlreichen Chamäleons rund um uns. Und wir treffen Joseph. 2007 war er ein Teenager, der uns seine Heimat zeigte. Jetzt ist er Familienvater, Wanderführer und immer noch sehr sympathisch.
Der nächste Berg, den wir erblicken, ist der höchste Afrikas. Majestätisch präsentiert er sich uns mit schneebedeckten Gipfeln und blauem Himmel. Dennoch ist der Kilimanjaro für uns unerreichbar. Der Massentourismus und die damit verbundenen Preise haben ihn für uns uninteressant gemacht. Genauso wie die Nationalparks. Selbst für Naturschutzgebiete muss man tief in die Tasche greifen. Jeder möchte ein Stück vom Kuchen. Wir recherchieren, studieren unzählige Karten und beschließen, Richtung Natronsee zu fahren. Allerdings nicht auf der Hauptroute, sondern von der Maschekseite, also hinten herum. Welch grandiose Idee! Es folgen 1 ½ Wochen ganz nach unserem Geschmack. Keine Touristen, keine Infrastruktur, teilweise auch keine erkennbaren Pisten. Zudem Ausblicke auf Vulkankegel und den heiligen Berg der Massai, Ol Doinyo Lengai. Ursprüngliche Dörfer, täglich interessante Besuche von Hirten und endlich wieder wilde Tiere. Die heißen Nachmittage verbringen wir im Schatten von Bäumen und beobachten die Tierwelt. Sogar Gerenuks (Giraffengazellen) und Löffelhunde entdecken wir. Nachts weckt uns das Geschrei der Hyänen, vor dem Sonnenaufgang ein fulminantes Vogelkonzert.
Wir sind glücklich. Auch darüber, in Arusha einen guten Platz für August gefunden zu haben. Im November werden wir wiederkommen und die Reise fortsetzen. Wohin? Gute Frage, wir wissen es noch nicht. Aber es bleibt noch genug Zeit darüber nachzudenken. Und hoffentlich hat Peter bis dahin seine leichte Afrikamüdigkeit verloren, ist wieder bereit für den unvergleichlichen Humor, die kreativen Lösungsansätze und endlosen Feilschereien der Menschen.