Überraschungen in Namibia
Wir haben August 4 ½ Monate alleine gelassen. Nachdem wir keine Nachrichten aus Namibia erhalten haben, gehen wir davon aus, dass alles in Ordnung ist. Christina holt uns vom Flughafen ab und erzählt uns, dass Treibstoff ab Mitternacht teurer wird. Es ist ja erst 16:30 Uhr, das geht sich aus und dann könnten wir gleich noch im Supermarkt einkaufen.
August steht verstaubt in der Halle und springt am ersten Drücker an. Super! Unsere Freude währt nur kurz, denn unser Lkw bewegt sich keinen Zentimeter. Peter legt diverse Gänge ein, seine Augen werden immer größer. Beim Rundgang sehen wir, dass August hinten rechts aufgebockt ist. Der Reifen ist platt. Die Reservereifen sind unerreichbar, weil wir knapp an der Hallenwand parken. Um es kurz zu machen: Reifen aufpumpen, während ich mit dem Daumen das Loch zuhalte, mit Vollgas auf den Campingplatz. Zack! Unter eine Akazie, leichter Flurschaden. Wagenheber drunter, Äste beseitigen, August entstauben, Gepäck grob verstauen, duschen und ab ins Restaurant. Bier, Wein, Steak. 11 Stunden schlafen. Alles wieder einmal anders als gedacht.
Wir haben nur 2 ½ Wochen Zeit in Namibia, müssen aus zolltechnischen Gründen das Land verlassen. Zielstrebig fahren wir in den Caprivi-Zipfel zu den Nationalparks. Herrlich! Genau deswegen sind wir hier. Inmitten der Natur und der Tiere. Zwei Überraschungen warten auf uns. Heidi und Paolo, ein witziges Paar aus Österreich und Brasilien, mit dem wir uns sehr gut verstehen. Und schon wieder ein Reifenschaden! Peter ist ziemlich schnell beim Reifenwechsel im Nationalpark, es könnte ja durchaus sein, dass neugierige Säugetiere vorbeikommen …
Das hören wir, wenn wir durch sambische Dörfer fahren und uns Kinderhorden begrüßen. Sie sind aber harmlos, lassen sich sehr leicht ablenken. Wir finden sie süß! Mir hingegen ist überhaupt nicht nach Süßigkeiten, bei dieser Hitze vergeht mir der Appetit. Die Temperaturen in den Niederungen klettern täglich auf über 40 °C, die Nächte schaffen es kaum unter 30 °C. So ist es eben zur heißesten Jahreszeit, bevor der Regen kommt. Doch die Natur entschädigt für vieles, wir mögen das Ungezähmte, Wilde, Ungeregelte. Wo man für alles selbst verantwortlich ist, Konsequenzen tragen muss und Entscheidungen treffen. Wo man vieles noch tun kann und darf. Auch wenn es oft mühsam und anstrengend ist.
Wie zum Beispiel Äste entfernen und Bäume schneiden, wenn August wieder mal auf den Pisten im Nationalpark nicht durchpasst. Da kann es schon passieren, dass Peter zu Mittag im Schweiße seines Angesichts flucht und schimpft und mir an den Kopf wirft, dass ihm diese Parks bald gestohlen bleiben können (das habe ich sehr milde formuliert …).
Zu unserer großen Freude treffen wir endlich wieder mal richtige Overlander, also Reisende, die länger mit eigenem Fahrzeug unterwegs sind. Karin und Ed aus den Niederlanden sind seit Jahrzehnten immer wieder in Afrika unterwegs und haben viele Tipps für uns. Oder Felix und Petru aus Deutschland und Südafrika, die 1 Jahr lang Auszeit haben und mit ihrem Landy mit Dachzelt reisen. Es tut gut, sich mal so richtig austauschen zu können.
Die ersten Gewitter bringen etwas Abkühlung, aber auch schlammige Pisten. Black cotton soil nennt sich die Erde rund um den South Luangwa Nationalpark. Extrem klebrig und rutschig. Wir haben echt Glück gehabt, nicht stecken zu bleiben.
Malawi – Kleines Land, großes Herz
Der Regen begleitet uns bis nach Malawi. Wir wollen das Land von Süden her aufrollen, haben keine Vorstellungen oder Erwartungen. Was uns sofort auffällt, ist die dichte Besiedelung. Dort, wo keine Hütten stehen, sind Felder: Die Malawier sind fleißige Menschen, nutzen jedes Fleckchen Erde, um Ackerbau zu betreiben. Kurz nach unserer Einreise wird die Währung (Kwacha) um 44 % entwertet. Eine Katastrophe für die ohnehin schon armen Menschen. Es gibt Proteste und Demonstrationen, die aber nichts bewirken. Die Malawier sind sanfte, friedliebende Leute, die viel ertragen. Daher auch der passende Name für das Land: the warm heart of Africa. Wir mögen die Malawier, bewundern ihren Optimismus und genießen die Gespräche mit ihnen.
Ich kann Peter zum Besuch des Liwonde Nationalparks überreden. Wir sind beide begeistert, landschaftlich wunderschön am Shiree-Fluss gelegen mit großen Weideflächen und Blick auf die Berge im Süden. Der Tierbestand hat sich seit der Wilderei ab ca. 2010 gut erholt. Elefanten mussten sogar schon umgesiedelt werden. Büffel, Antilopen, Flusspferde und Krokodile sind zahlreich, aber auch Löwen sehen wir jeden Tag und abends besuchen uns Elefanten im Camp.
Die Berge ziehen uns magisch an. Die Gegend um das Mulanje-Massiv ist traumhaft. Teeplantagen im satten Grün, orangerote fruchtbare Erde, Bananen, Ananas, Mangos, Lychees und viel Gemüse. Wir machen Urlaub. Peter am Fuße der Berge, ich oben am Plateau. Vier Tage wandere ich mit Führer von Hütte zu Hütte, freue mich über kühlere Temperaturen und die menschenleere Gegend und plansche in kalten Gebirgsbächen. Schnaufe beim Erklimmen der Gipfel und genieße den Ausblick bis in die Ebenen nach Mosambik, wo man auch noch die Schäden von Zyklon Freddie sieht.
Cape McLear ist ein wunderbarer Platz am Malawisee. August passt auf den Zentimeter genau durch die engen Gassen im Dorf und durch den Torbogen beim Eagles Nest. Auch für Franz Steindl, der am nächsten Tag ankommt, ist noch Platz. Das Schwimmen im glasklaren Wasser ist herrlich und am Morgen sogar noch ein bisschen erfrischend. Fischschwärme tummeln sich im ufernahen Bereich, denn hier ist Angeln verboten. Von den einheimischen Fischern kaufen wir Kampango, eine Wels Art. Schmeckt köstlich und ist so groß, dass wir zu dritt zwei Tage lang zu essen haben.
Bis auf einen kurzen Abstecher nach Muzuzu und Livingstonia bleiben wir die nächsten Wochen am See. Unser letzter Stopp ist in Chitimba bei Carmen und Edi. Die beiden Niederländer haben das Camp 2007 gekauft, wir waren damals unter den ersten Gästen. Auch hier ist die Zeit nicht stehen geblieben, wir erkennen die Anlage kaum wieder. Wir haben einen guten Draht zu den beiden, sie erzählen uns viele Geschichten aus den letzten zwei Jahrzehnten. Plötzlich lacht Edi, zeigt auf eine junge Reisegruppe und fragt, ob uns etwas auffällt. Edi stellt seit einigen Jahren fest, dass das wichtigste beim Reisen das Smartphone ist. Und Wifi natürlich. Soeben ist wieder einmal der Strom ausgefallen und somit gibt es kein Internet. Und siehe da, die Menschen sprechen wieder miteinander! Der Niederländer ist „master of comunication“, solange bis er den Generator startet.
Der Abschied von Malawi passt so gar nicht zu unserem 3-monatigen Aufenthalt. Ein Kilometer vor der Grenze möchte ein korrupter Polizist Geld, weil wir nicht die richtige Haftpflichtversicherung hätten. Viel Geld. $ 1.000. Für uns ist klar, wir bezahlen keinen Cent. Der unsympathische Beamte zieht sein gesamtes Register: Formulare mit diversen Paragrafen, fingierte Telefongespräche, Androhung von Verhaftung und dass wir die Nacht an der Grenze bleiben müssen. Darauf meint Peter: „Kein Problem. Jetzt waren wir schon so lange in Malawi, da kommt es auf einen weiteren Tag auch nicht an.“ Und somit dürfen wir nach zwei Stunden fahren. Gut, dass der Polizist unsere Pässe nicht kontrolliert hat, denn unsere Visa sind nur mehr einen Tag gültig.